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Tubeless-Reifen bringen allerlei Vorteile mit sich und werden in manchen Expertenkreisen als zukünftiger Standard am Fahrrad angesehen. Im Radsport ist der Tubeless-Reifen auch schon teilweise Standard. Doch der Umgang mit Tubeless-Reifen wird immer noch als Spezialisten-Thema angesehen, das nur für Radsportler Relevanz habe. Dabei ist die Umwandlung eines alten Rads zum Tubeless-Rad gar kein Hexenwerk – das Wissen darüber ist einfach noch nicht so verbreitet. Mit wachsender Nachfrage nach Tubeless sollte diese Prozedur zum Standard-Repertoire eines jeden Fahrradmechanikers gehören und daher wollen wir mit dieser Anleitung auch dir das nötige Wissen geben, um dein Fahrrad auf Tubeless umzurüsten.

Tubeless Kits – Das braucht ihr für die Montage

Ventile, Ventilschlüssel und spezielles Werkzeug für Tubeless
  • Tubeless Ventil: Für die sachgerechte Montage braucht man ein neues Tubeless-Ventil. Prinzipiell kann man aber auch ein altes Ventil von einem Schlauch ausschneiden und wiederverwenden. Jedoch muss das Ventil aus der Hülse herausnehmbar sein (mit einem speziellen Ventilschlüssel).
  • Dichtmilch: Damit der Reifen von Innen abdichtet und bei Pannen die Luft hält muss eine Dichtmilch (auf Latexbasis) in den Reifen. Diese härtet bei manchen Herstellern nach 6-12 Monaten aus, danach muss neue Dichtlösung nachgefüllt werden.
  • Tubeless-Reifen: Achtet darauf, dass der Mantel für Tubeless geeignet ist (z.B. „Tubeless Easy“ von Schwalbe, wobei „Easy“ nicht wörtlich zu nehmen ist).
  • Felgenband: Um die Felge abzudichten benötigst Du ein spezielles Felgenband. Nur wenige Felgen sind von Haus aus ohne Band abgedichtet, in den allermeisten Fällen wird ein solches Klebeband notwendig sein. In manchen Communities kursiert der Tipp man solle Gaffa-Tape (Gewebe-Klebeband) nehmen. Das Klebeband muss in der Breite zu eurer Felge passen (ca. 19-24mm).
  • Standpumpe / Kompressor: Mit einer Handpumpe wird initial der Druck fehlen um den Reifen abzudichten. Eine besonders große Standpumpe mit hohem Volumen oder ein Kompressor erleichtert die Arbeit enorm.

Noch mehr Tipps zu diesen Teilen findet ihr im Ratgeber:

Tubeless Montage-Anleitung

Nicht alle Reifen können auf Tubeless umgestellt werden, mehr dazu findest Du in unserem generellen Beitrag zu dieser Reifenkategorie. Folgenden Schritten folgst Du aber immer, wenn Du deine Reifen ohne Schlauch fahren möchtest. Diese Anleitung ist universell gültig, aber in den meisten Fällen wird man mehrere Zwischenschritte einbauen oder Tricks und Kniffe anwenden müssen.

Nicht immer gelingt die Konvertierung auf Schlauchlos im ersten Anlauf. Ja, es ist sogar ganz normal, dass der erste Versuch häufig scheitert oder mehrere Anläufe braucht. Tubeless-Reifen können auch echten Experten schlaflose Nächte bereiten. Da es bis heute nur wenige Industriestandards gibt (welche im Jahr 2020 noch nicht vollständig angekommen sind), macht jeder Felgen- und Reifenhersteller teilweise noch sein eigenes Ding – was dazu führt, dass Tubeless Reifen eben nicht immer zu jeder Felge gleich gut passen. Sie können extrem eng sitzen oder gar nicht kompatibel zueinander sein (selten). Meist muss man nur weit in die Trickkiste greifen. Diese findest Du weiter unten im Text (nach der Anleitung).

Zwei mögliche Szenarien der Tubeless-Montage gibt es:

  1. Der Standard-Fall:
    Bei MTB-Reifen (und generell größeren Reifen über 35mm) gelingt die Konvertierung zu Tubeless meist ohne gravierende Probleme. Hier kann man dem „einfachen“ Weg folgen.
  2. Härte-Fälle:
    Manchmal kann es passieren, dass Felge und Reifen nicht gut zueinander passen. Oder das Felgenband undicht ist. Hier muss man schon ein paar Tricks anwenden, die wir unten zeigen. Außerdem kommen danach noch ein paar Tipps, für echte Extremfälle. Die es leider auch gibt.

Standard Tubeless-Montage

Tipps für besonders hartnäckige Fälle

„Easy“ ist das richtige Stichwort – so klappt’s

Es ist nicht unüblich, dass Tubeless-Konvertierungen einem graue Haare bescheren können. Das liegt nicht immer am falschen Handling. Nein, oft sind auch die Reifen (gerade schmale Rennradreifen, unter 35mm) einfach mit zu geringen Toleranzen entwickelt. Zudem folgen noch nicht alle solche schmalen Reifen den neuen Standards (2020: TSS – Tubeless Straight Side und TC – Tubeless Clincher). Mehr zu diesen Standards findet ihr auch im eigenen Beitrag:

  1. Reifen dehnen:
    Wenn der Reifen beim Aufpumpen die Luft nicht hält. Dann kann es schon helfen, wenn man den Mantel vom Felgenbett rundum auf die Felgenflanke zieht. Damit die Luft nicht so schnell entweichen kann. Das kann man mit der Hand machen, falls die Wulst nicht zur Flanke rutscht (aufgrund eng sitzender Reifen), dann schaut zum Tipp „Schlauch einsetzen“.
  2. Reifen einseifen:
    Wenn beim Aufpumpen der Reifen nicht auf die Felge springt. Mit einer Wasser-Seifen/Spüli-Lösung die Reifenwulst und -Flanke einschmieren. Damit der Reifen besser auf der Felge rutscht.
  3. Schlauch einsetzen:
    Bei hartnäckigen Fällen kann es helfen, den Mantel mit einem Schlauch aufzuziehen – damit der Mantel komplett sitzt und sich der Form anpasst. Nun lass die Luft aus dem Schlauch und öffne den Mantel nur auf einer Seite, um den Schlauch gegen das Tubeless-Ventil auszutauschen. Schließe die eine Seite wieder (in der Hoffnung, dass die eine Seite nun schon auf der Felge dicht sitzt und da sitzen bleibt). Das hilft in vielen Fällen schon weiter!
    Andernfalls kann man den Schlauch bis zur max. erlaubten Druck-Grenze aufpumpen und mehrere Tage setzen lassen.
  4. Tubeless-Reifen verliert Luft:
    Sollte der Reifen sitzen und die Luft halten, dann kann es am Anfang noch sein, dass nach und nach etwas Luft entweicht. Das kann sehr langsam oder etwas schneller passieren. Ist aber ganz normal. Du musst den Reifen in Bewegung halten, damit die Dichtmilch die offenen Stellen abdichtet. Außerdem immer wieder Luft nachpumpen. Es kann bis zu 24 Stunden dauern, bis ein Reifen vollständig abgedichtet ist.
  5. „Plopp“-Effekt fehlt – Reifen springt nicht auf die Felgenflanke:
    Manchmal ist die Toleranz am Reifen (an der Wulst, in der ein Metal- oder Kevlar-Draht sitzt) zu eng. Hier braucht man einen besonders hohen Druck am Kompressor oder Standpumpe, gleichzeitig muss viel Luft in den Reifen. Das kann mitunter extrem schwierig sein, auch mit Kompressor. Lest dazu Tipps weiter unten zu Pumpen/Kompressor.
Manchmal kann es notwendig sein einen Schlauch in den Tubeless-Reifen zu ziehen. Dieser drückt beim Aufpumpen den Reifen an die richtige Stelle und dehnt den Mantel. Außerdem sitzt dann schon eine Seite des Mantels auf der Felge (beim Herausnehmen des Schlauchs vorsichtig vorgehen und nur auf einer Seite den Mantel von der Felge lösen).

Weitere Kniffe findest Du auch hier im Video von Park Tool:

Tipps zur Fahrradpumpe

Ein Faktor, der Radfahrer vor dem Umbau oft abschreckt, ist das Gerücht um die Fahrradpumpe. Für die Montage eines Tubeless-Reifens bräuchte man eine Hochdruckpumpe oder einen Kompressor, damit die Montage überhaupt gelingt. Es ist wahr, dass dieser Schritt bei bestimmten Reifen- und Felgenkombinationen knifflig sein kann – doch ist dieses Gerücht weit von der Norm entfernt. Vor allem, wenn man einen neuen Tubeless-Reifen und eine Tubeless-Ready-Felge hat, braucht man sich keine Sorgen zu machen. Doch selbst wenn man es mit normalem Reifen und normaler Ferge versucht, schafft es in der Regel auch die gewöhnliche Standpumpe. Es gibt ein paar Tricks, die hier helfen können:

    So schafft man das Aufpumpen auch ohne kostspieligen Kompressor:

  • Die Schwierigkeit besteht darin, dass sehr schnell ein hohes Volumen an Luft in den Reifen kommen muss, damit der Reifen „poppt“. Ein möglichst schnelles, kräftiges Pumpen ist nötig, man muss mit vollem Körpereinsatz an die Sache gehen. Eventuell braucht man auch bloß ein wenig Ausdauer – denn selbst falls es auf Anhieb nicht klappt, bleibt immer ein wenig Luft im Reifen übrig.
  • Spezielle Montage-Flüssigkeit (Montage-Fluid) für den Tubeless-Umbau kann aushelfen. Diese Flüssigkeit wird auf die Reifenflanken gegeben, damit die Reifen leichter an die richtige Stelle im Felgenbett kommen. Radsportler verwenden stattdessen oft Dichtmilch – das soll das System luftdichter machen. Es geht aber auch mit einer einfachen Mischung aus Wasser und Spülmittel.
  • Es kann auch helfen, den Reifen in Nähe des Ventils beim Aufpumpen festzuhalten und etwas runterzudrücken (runter in die Felge). Eine zweite Person kann Dir dabei helfen.
  • Falls Du ein Sclaverandventil hast, kann es helfen, den Ventilkopf für das Aufpumpen zu entfernen. Dadurch soll mehr Luft in das Ventil kommen. Das bedeutet aber auch, dass das Ventil offen steht. Aber sobald der Reifenmantel einmal sitzt, dann ist ein zweites Aufpumpen ganz leicht.

Probleme mit Kompressor und Pumpe – Was tun?

Was tun, wenn es notfalls doch nicht mit der Fahrradpumpe klappt? Selbst dann ist es nicht zwingend notwendig, sich eine 100€-Pumpe zu kaufen. Man bekommt den Reifen beispielsweise mit dem Kompressor an der Tankstelle aufgefüllt (sofern man einen Ventiladapter hat und die Tankstelle kein Fahrradverbot hat – mehr dazu erfährst Du hier: Fahrradreifen aufpumpen). Alternativ kann man das Fahrrad auch zur Fahrradwerkstatt bringen und dort aufpumpen lassen – mit etwas Glück hat man eine Selbsthilfewerkstatt in der Nähe, bei der man das selber erledigen kann. Falls man dann eben doch eine Hochdruckpumpe braucht, kann man sie sich ja immer noch im Nachhinein besorgen.

Alternativ kann man sich einen Tubeless-Kompressor mit Baumarkt-Mitteln selber bauen. Hier findet ihr eine Anleitung:

Sobald aber das Fahrrad aufgepumpt ist, muss man diese Prozedur nur selten wiederholen (falls der Mantel abgenommen wurde). Aber ein zweiter Versuch bei einem „eingesessenen“ Mantel geht in der Regel deutlich einfacher. Zum regelmäßigen Befüllen der Reifen kann man jede Pumpe verwenden. Es kommt fast nie vor, dass ein Tubeless-Reifen wegen einer Panne komplett die Luft verliert. Wir würden eine spezielle Tubeless-Pumpe also nur in sehr wenigen Einzelfällen empfehlen – sonst geht auch eine gewöhnliche Standpumpe.

Tipps zum Tubeless-Felgenband

Achte unbedingt auf die Breite des Felgenbands, dieses darf nicht zu breit und nicht zu schmal sein.

Tubeless-Felgenband braucht man noch in den meisten Fällen. Denn es dient dazu, eine undichte Fahrradfelge dicht zu machen. Die meisten neueren Felgengenerationen sind und werden jedoch bereits völlig dicht geliefert, damit die Tubeless-Umwandlung leichter funktioniert. Aktuell wird in den meisten Fällen aber noch immer zum Tubeless-Felgenband gegriffen. Mehr zu Tubeless-Felgenbändern (inkluse Produktübersicht) findest Du hier: Tubeless-Felgenband

Tubeless-Felgenbänder gibt es beispielsweise von Schwalbe und NoTubes. Manche Radbastler verzichten aber auf teure Markenprodukte und setzen stattdessen auf das gute alte Gaffa-Tape. Das Gewebe-Klebeband (zB. Tesa „Strapping Tape“) soll bei der Tubeless-Umwandlung gute Resultate erzielen. Mehr dazu findest Du hier: Überblick über Tubeless-Umbau-Werkzeug

    Montage-Tipps zum Felgenband:

  • Die Breite des Felgenbands sollte zur Breite der Felge passen. Das Felgenband sollte den Felgenboden komplett abdecken und beide Felgenwände berühren. Du misst am besten die Breite deines alten Felgenbands nach (auch nicht-Tubeless-Reifen setzen ein Felgenband voraus) oder du misst direkt die Breite des Felgenbodens nach.
  • Alternativ kannst Du dich nach dem ETRTO-Maß deiner Felge richten. Demnach sollte das Felgenband etwa 2mm dicker sein.
  • Zwei Lagen Tubeless-Felgenband reichen meistens aus. Man lässt das Felgenband an den Enden etwa eine Handbreit überlappen. Wer auf Nummer Sicher gehen will (und genug Felgenband hat), kann auch mehr Lagen machen.