In diesem Beitrag

Eines unserer Steckenpferde bei fahrradreparaturNET ist die Fahrradgeometrie. In diversen Beiträgen haben wir schon über die Rahmenhöhe und Fahrradgeometrie philosophiert. Was ist wendiger, was ist schnittiger, was ist am Ende schneller? Doch nicht nur die Geschwindigkeit ist entscheidend, sondern viel mehr, dass ein Rad zu euch passt. Deshalb: Checkt unser Geometrie Tool! Um qualifiziert die nächste Kaufentscheidung zu treffen.

Neu am Geometrie-Tool ist nun, dass ein Vektor-Plot-Diagram beide Varianten visuell darstellt. Ihr könnt also direkt sehen, wie das durchschnittliche Rad (rote Zeichnung) im Vergleich zu euren Eingaben (blaue Zeichnung) verhält. Ist der Rahmen kleiner, größer, länger, breiter?

Zum Fahrradgeometrie-Tool

Im Vector-Plot-Diagram seht ihr eure Eingaben im Vergleich zum Durchschnitts-Rad in der gewählten Klasse (MTB, Trekking oder Rennrad).

Findet das perfekte Rad

Jeder von uns hat andere Vorstellungen davon, was ein Fahrrad tun soll. Will ich gerade ein Rennrad kaufen? Oder ein Trekking-Stadtrad? Welche Erwartung habe ich an das Rad? Wie sollte es sich verhalten, damit ich mich darauf wohl fühle?

Bevor ihr also eine Entscheidung trefft macht ihr euch schon ein Bild darüber, wie ihr das Gefährt in Zukunft einsetzen wollt. Nehmen wir das Beispiel eines Rennrads. Folgende Fragen gelten aber universell für jedes Rad.

Wenn ich nun ein Rennrad haben möchte, dann frage ich mich grundsätzlich, gegen welche Eigenschaft ich das Rad optimieren möchte. Soll es besonders schnell und effizient sein? Damit die Kraft optimal genutzt wird (die Kraft sollte für den Vortrieb aufgewendet werden, nicht um Luft zu verdrängen). Jedoch kommt Aerodynamik oft zum Preis der Bequemlichkeit, man kann eine bequeme Fahrposition mit Aerodynamik nicht kombinieren. Lang gestreckt und möglichst gebäugt (sehr niedriges Stack-to-Reach Verhältnis) bedeutet eine geringere Luftverdrängung beim Fahren, aber diese Position geht auf die Muskeln und führt zur Ermüdung und mittelfristig zu Schmerzen.

Der zweite Faktor ist die Lenkeigenschaft des Rads. Der Nachlauf ist die wesentliche Kennzahl hier. Kurz gesagt bedeutet ein kurzer Nachlauf (unter 50mm), dass eine Bewegung des Lenkers in einer engeren Kurve resultiert und somit das Rad „nervös“ und weniger kontrolliert anfühlt. Diese Eigenschaft kann am Rennrad gewünscht sein, da es das Gefühl der Wendigkeit und Agilität unterstützt.

Zuletzt bleibt noch die Stabilität offen. Diese Ergibt sich aus der Tretlageruntersetzung (wie tief liegt das Tretlager) und des Radstands (Abstand des Hinter- und Vorderrad-Mittelpunkts). Auch hier muss man für sich abwägen, ob man eher ein stabiles Rad haben möchte oder eines das schnell auf Veränderungen reagiert. Ein tief liegendes Tretlager hat zwar einen tiefen Schwerpunkt (wodurch das Rad weniger zum Kippen neigt und weniger Kraft verloren geht um sich (den Fahrer und das Rad als Ganzes) zu stabilisieren) jedoch können Tretlager und Kurbeln/Pedale am Boden oder Unebenheiten aufsetzen. Was nicht nur unangenehm sondern im schlimmsten Fall zum Sturz führen kann. Der lange Radstand ist ebenfalls zwar stabiler aber kommt mit den Kosten, dass ein langgezogenes Rad weniger steif ist. Was zu einem schwammigeren Fahrgefühl führen kann.

Alle diese drei Kapitel könnt ihr mit dem Geometrie-Tool mit dem Klassen-Durchschnitt (Trekking, MTB oder Rennrad) vergleichen. Um so festzustellen, wie ein Rad sich in der Theorie verhält.

Fahrradgeometrie in Drei Punkten

Universell kann man jedes Fahrrad (egal ob Rennrad, MTB oder Stadtrad) in drei Geometrie-Eigenschaften bewerten.

Passform: Wie gut passt sich das Rad meinen persönlichen Eigenschaften (Körpergröße, Schrittlänge usw) an? Wie sehr passe ich mich dem Fahrrad an um einen effizienten Vortrieb zu gewinnen? Bequemlichkeit und Effizienz sind leider nur bis zu einem gewissen Grad miteinander vereinbar. Ein Rennrad welches für Rennen auf Zeit ausgelegt ist wird vom Körper gewisse Anpassungen erwarten. Die zu Ermüdung und eventuell auch Schmerzen führen können.

Lenkverhalten: Wie reagiert das Rad auf Lenkbewegungen? Nervös oder Laufruhig? Die Laufruhe in den Kurven kommt mit den Kosten, dass man keine schnellen Bewegungen und kleine Kurvenradien erreichen wird.

Stabilität: Wo liegt der Schwerpunkt der Gesamtheit des Rads und Radfahrers? Feder der Rahmen Unebenheit ab oder ist er besonders Steif und unbequem?

Alle drei Faktoren könnt ihr nun mit dem Fahrradgeometrie-Tool genau beleuchten!

Ich freue mich über jedes Feedback. Was hilft euch, was nicht? Habt ihr Fehler gefunden? Funktioniert etwas nicht? Schreibt in die Kommentare zu diesem Beitrag!

Zur Entwicklung des Tools

Da ich das Tool komplett selbst programmiert habe muss ich auch ein paar Worte dazu verlieren. Um einmal unter die Motorhaube des Tools zu blicken. Entwickelt wird das komplette Tool in der Programmiersprache „R“ und rStudio. Die visuelle Darstellung und Verfügbarkeit als interaktive Web-Applikation läuft über das R Framework „shiny“. Der Server der Applikation liegt auf shinyapps.io. Damit kann man Plots (Diagramme) berechnen und dabei interaktiv auf Eingaben reagieren.

Weitere Versionen des Tools sind schon in Planung. Jedoch ist die Entwicklung von Software ein sehr zeitintensives Unterfangen. Da ich dieses Tool in meiner Freizeit entwickle sind die Release-Zyklen und Updates nicht all zu häufig. Dennoch freue ich mich über jedes Feedback und werde euren Input in jedem Fall prüfen und gerne das Tool nach Wünschen und Anregungen erweitern.